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Auswirkungen des Brexit auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr mit Großbritannien

Die Europäische Union hat zur Verwaltungsvereinfachung das Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuer = Umsatzsteuer) reformiert. Bei Warenbewegungen innerhalb der Grenzen der Europäischen Union spricht man nicht von Ausfuhren und Einfuhren. Stattdessen werden die Begriffe innergemeinschaftliche Lieferungen und innergemeinschaftliche sonstige Leistungen verwendet. Auch für den Ausweis der Umsatzsteuer auf einer Rechnung wurde eine von den nationalen Bestimmungen abweichende Regelung getroffen.

Dass Großbritannien nach dem Brexit kein Mitglied der Europäischen Union mehr ist, hat auch Auswirkungen auf das Umsatzsteuerrecht und die grenzüberschreitenden Warenbewegungen von und nach Großbritannien.


Was galt umsatzsteuerlich für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr mit Großbritannien vor dem Brexit?

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union werden umsatzsteuerlich als Gemeinschaftsgebiet bezeichnet. Die Warenlieferungen von einem Gemeinschaftsgebiet zu einem anderen Land innerhalb der Europäischen Union werden als innergemeinschaftliche Lieferungen bezeichnet, auf die keine Umsatzsteuer erhoben wird. Dies bedeutet, dass der Rechnungsersteller in seiner Rechnung keine Umsatzsteuer auszuweisen braucht. Die anzuwendenden Rechtsvorschriften finden sich in den §§ 4 Nr. 1b und 6a des Umsatzsteuergesetzes.

Der Erwerber der Lieferung tätigt einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb. Geben sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsadressat ihre Umsatzsteueridentifikationsnummer an und sind auch die weiteren Voraussetzungen an eine ordnungsgemäße Rechnung (§§ 14, 14a UStG) erfüllt, kann Letzterer nach § 15 Absatz 1 Nr. 3 UStG einen Vorsteuerabzug in derselben Höhe geltend machen. Dies bedeutet, dass weder für den Lieferanten noch für den Erwerber einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung eine Umsatzsteuer-Traglast anfällt.

Neben der Darstellung einer innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Rechnungsersteller außerdem eine Zusammenfassende Meldung (ZM) bei seinem Finanzamt einreichen. Mit dem Dokument erhalten die Finanzbehörden einen detaillierten Überblick über die verkauften Waren, die in das europäische Ausland geliefert wurden.

Wie sehen die aktuellen Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs aus?



Bevor der Brexit rechtmäßig umgesetzt wurde, galten die Vorschriften für den steuerfreien innergemeinschaftlichen Warenverkehr auch für die Lieferungen, die von oder nach Großbritannien ausgeführt wurden.

Dass das Vereinigte Königreich nach dem Brexit kein Mitglied der Europäischen Union mehr ist, wirkt sich auch auf die Warenbewegungen aus. Großbritannien zählt nicht mehr zum Gemeinschaftsgebiet. Ebenso wie z. B. die Schweiz oder die Vereinigten Staaten von Amerika gilt Großbritannien als Drittland im Sinne des § 1 Absatz 2a Umsatzsteuergesetz. Die Vorschriften der §§ 4 Nr. 1b und 6a UStG finden auf die Warenbewegungen von und nach Großbritannien keine Anwendung mehr.

Liefert ein deutsches Unternehmen z. B. Waren nach London, handelt es sich nunmehr um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung. Außer der Änderung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen wirkt sich der Brexit auf die Nachweispflichten einer Warenlieferung von oder nach Großbritannien aus. Für die Buch- und Nachweispflichten sind nicht mehr die Vorschriften der §§ 17a bis 17c Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) anzuwenden. Die Nachweispflichten für die steuerfreie Ausfuhrlieferung richten sich nach den §§ 9 bis 11 UStDV. Auch um die sogenannte Gelangensbestätigung müssen sich der liefernde Unternehmer und der erhaltene Unternehmer nicht mehr kümmern.

Der Erwerber einer Warenlieferung, die aus Großbritannien stammt, tätigt keinen steuerfreien innergemeinschaftlichen Erwerb. Er muss die Einfuhr der Waren im Bestimmungsland der Warenlieferung versteuern. Allerdings kann auch hier der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden, wenn die Rechnungen alle Kriterien der §§ 14, 14a UStG erfüllt.

 

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